Interview Dr. Christof Veit

Nach sechs Jahren erfolgreicher Aufbauarbeit beendet Dr. Christof Veit im Dezember 2020 seine Tätigkeit als Leiter des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG). Im Gespräch mit dem BDPK zieht er sein persönliches Resumee.

 

Welche Ziele hat das IQTIG in dieser Zeit erreicht?
Gleich zu Beginn der Tätigkeit des neu aufgebauten IQTIG wurde mit dem PCI-Verfahren die erste sektorenübergreifende Qualitätssicherung realisiert. Inzwischen konnten in diesem Verfahren auch erstmals Sozialdaten der Krankenkassen mit den Primärdokumentationen der Krankenhäuser in über 95 Prozent der Fälle verknüpft werden, so dass diese neue Datenquelle erstmals in hoher Qualität genutzt werden kann. Die Patientenbefragung des PCI-Verfahrens wurde bereits beim Pretest mit gutem Erfolg bis zur Umsetzungsreife entwickelt. Auch andere Befragungen warten bereits auf ihren Starttermin. Inzwischen sind etliche Qualitätsverträge in Erprobung und das PlanQI-Verfahren steht vor dem nächsten Schritt seiner Weiterentwicklung. Dies alles sind für die externe Qualitätssicherung Instrumente, mit denen Neuland betreten wurde, und die nun kontinuierlich zu verbessern, weiterzuentwickeln und auch zu evaluieren sind. Denn natürlich muss stets kritisch hinterfragt werden, welche Veränderungen auch wirklich Verbesserungen gebracht haben. Eine für die Versorgungseinrichtungen wichtige Neuerung wird sein, dass sie künftig patientenbezogen erfahren können, wie der weitere Krankheits- beziehungsweise Genesungsverlauf ihrer Patientinnen und Patienten sich gestaltete. Diese neue Informationsquelle zum mittel- und langfristigen Outcome wird für die Primärbehandelnden von großem Wert sein. Die erste fallbezogene Rückmeldung soll im QS WI Verfahren Anfang 2021 erprobt werden. Durch die Analysen des IQTIG wurde aber auch erreicht, dass das Instrument der Leistungsorientierten Vergütung (P4P) erstmal nicht weiter in Erwägung gezogen wird. Der Aufwand würde den Nutzen weit übersteigen. Dies ist stets auch ein wichtiger Aspekt, der in allen Verfahren kritisch zu prüfen ist.
 
Qualitätsoffensive KHSG: Welche der Maßnahmen hat die größte Wirkung entfaltet?
Viele der neuen QS-Instrumente, wie zum Beispiel die Patientenbefragungen oder die Qualitätsverträge, werden erst künftig ihre Wirkung zeigen. Die erste Veröffentlichung der Ergebnisse des PlanQI-Verfahrens sowie deren mediale Verarbeitung war für Viele ein deutlicher Hinweis, dass diese Qualitätssicherung sehr ernst zu nehmen ist und durchaus wirksam die Öffentlichkeit erreicht. Natürlich müssen auch hier die Instrumente und der Umgang mit den Ergebnissen weiterentwickelt und verbessert werden, so dass daraus eine kritische, aber auch faire Berichterstattung folgt.  
    Eindrucksvolle Verbesserungen erreichten die Krankenhäuser bei der präoperativen Verweildauer von Patienten mit Femurfraktur. Nachdem über viele Jahre mehr als 20 Prozent der Patientinnen und Patienten mehr als 24 Stunden, teilweise sogar mehr als 48 Stunden auf eine operative Versorgung warten mussten, ist nun der Bundeswert auf unter 15 Prozent gesunken, in manchen Bundesländern bereits unter zehn Prozent. Das stellt eine eindrucksvolle Verbesserung der Versorgungsqualität dar, von der jährlich ca. 7.000 Patientinnen und Patienten profitieren. Sie zeigt, dass durch gezielte Anstrengungen auch ohne Sanktionsmechanismen Versorgungsqualität nachhaltig verbessert werden kann. Dieses Verfahren ist ein Musterbeispiel, dass fokussierte Anstrengungen mehr bewirken können als breitgefächerte Aktivitäten, zu deren intensiver Bearbeitung dann aber die Ressourcen fehlen.

Stichwort Qualitätswettbewerb: gibt es ihn und setzen wir aus Ihrer Sicht die richtigen Anreize?   
Es gibt sicherlich bereits jetzt einen gewissen Qualitätswettbewerb in Regionen, in denen Einrichtungen konkurrieren. Mit der laienverständlichen Veröffentlichung von Ergebnissen der externen Qualitätssicherung wird dieser Wettbewerb zunehmen. Die Veröffentlichungen der PlanQI-Ergebnisse, aber auch von Daten zur Corona-Pandemie zeigen, dass künftig zudem auch die Qualität regionaler Patientenversorgung sehr viel stärker die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit finden wird. Wettbewerb alleine wird keine vernünftigen Versorgungsnetzwerke hervorbringen, in denen eine qualitativ hochwertige, vernetzte Versorgung gewährleistet werden kann. Die Abbildung von Systemqualität und deren Steuerung durch die dafür zuständigen Verantwortungsstrukturen wird in den künftigen Diskussionen noch größeren Raum einnehmen als der Wettbewerb alleine.

Was waren besondere Herausforderungen? Welchen Herausforderungen wird sich das IQTIG in Zukunft stellen müssen?
Die alten Herausforderungen sind gleichzeitig auch die neuen. Präzision, Detailliertheit, komplexe Vielfalt, Justitiabilität und laienverständliche Darstellung sind legitime Forderungen an die externe Qualitätssicherung. Andererseits muss sie schlank und praktikabel sein, insbesondere für die, die Patientinnen und Patienten versorgen. Daher muss sich die Qualitätssicherung noch viel stärker fokussieren auf das, was wirklich Versorgung verbessert, was faire Transparenz schafft, und was gleichzeitig auch in der Patientenversorgung machbar ist.  
 
Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?
Herrn Prof. Heidecke schätze ich als Nachfolger sehr und er hat meine volle Unterstützung. Mit ihm organisiere ich gerade einen guten Übergang der Institutsleitung. Ich denke, das IQTIG ist bei ihm in guten Händen und ich wünsche ihm gutes Gelingen.

Wie geht es für Sie weiter?
Ich freue mich darauf, ab Januar 2021 den Partnern des Gesundheitswesens wieder als Institutsleiter im neu aufgestellten BQS-Institut mit meiner Erfahrung zur Verfügung zu stehen und mit diesen und dem BQS-Team effektive und gleichzeitig innovative neue Projekte zu realisieren. Auf dem Gebiet der verschiedenen Qualitätsinitiativen zeichnen sich spannende Entwicklungsmöglichkeiten ab.

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Das Interview mit Dr. Veit ist in den BDPK-News im Fachmagazin „f&w - führen und wirtschaften im Krankenhaus", Ausgabe Dezember 2020, erschienen. Hier gelangen Sie zu den BDPK-News