Kolumne von Thomas Bublitz

Zulassen, besser zu werden.

Verbände und Lobbyisten haben im politischen Berlin vor der Bundestagswahl mit ihren Positions- und Forderungspapieren Hochkonjunktur. Es wird sauber herausgearbeitet, warum ein Berufsstand oder eine Branche besonders wichtig für die Gesundheitsversorgung oder gar für Deutschland ist. Danach werden die Forderungen an eine neue Bundesregierung aufgelistet. Viele dieser Papiere erwecken den Eindruck, als solle alles bleiben, wie es ist, nur ein bisschen besser vergütet. Die Politiker spielen oft mit, weil sie handfeste Auseinandersetzungen scheuen oder ihnen die Branchenkenntnis fehlt, um an den richtigen Stellen zu reformieren.

Allerdings muss man sich fragen, ob das in diesen Zeiten wirklich ausreichend ist. Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands steht infolge hoher Lohnkosten auf dem Spiel. Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland. Dabei spielen auch die Lohnnebenkosten unter anderem durch die Beiträge zur Krankenversicherung eine wesentliche Rolle. Sie befinden sich auf einem Rekordhoch. Das ist die Folge einer seit Jahrzehnten betriebenen Gesundheitspolitik, die vor allem mit teuren Mindestanforderungen oder komplizierter Regulierung arbeitet und die in Teilen dysfunktional und kaum zu verstehen ist. Und sie ist teuer! Allein die Kontroll- bürokratie verschlingt gigantische Ressourcen und bringt Patienten wenig.

Wenn es die neue Bundesregierung ernst meint mit dem Versprechen, die Lohnnebenkosten senken zu wollen, ist ein anderes politisches Denken und Handeln gefragt. Wie lässt sich eine gute Patientenversorgung realisieren, die zudem wirtschaftlich und preisgünstiger ist? Die Antwort lautet: Weg mit den sinnlosen plan- staatlichen Strukturvorgaben, die keine wissenschaftliche Evidenz haben und teuer sind! Stattdessen hin zu innovativen Handlungsmöglichkeiten und Anreizen. Konkret für die Krankenhausbehandlung heißt das, dass die Verantwortung für eine gute Patientenversorgung den Kliniken übertragen werden muss. Nicht evidenzbasierte Strukturvorgaben werden gestrichen und müssen nicht mehr kontrolliert werden. Das setzt Ressourcen frei. Bereits eine Stunde weniger für Bürokratie aufwenden zu müssen, entspräche einem rechnerischen Potenzial von rund 20.000 Arztstellen und 46.000 Pflegestellen ohne Mehrkosten. Wir müssen zulassen, dass ausprobiert werden kann, wie gute Medizin zu möglichst geringen Kosten erbracht wird. Das geschieht nicht zügellos und jenseits aller Kontrolle. Die Anpassungen können in unser bestehendes System integriert werden. Die Krankenhäuser machen die Preise für ihre Leistungen in einem geregelten Verfahren transparent. Das entspricht übrigens dem Grundgedanken der sozialen Marktwirtschaft, der unsere Bundesrepublik schon einmal stark und erfolgreich gemacht hat.