Häufige Fragen

Antworten auf FAQ zum Thema Umsatzsteuer und Privatkliniken ohne Versorgungsvertrag im Zuge des Jahressteuergesetzes 2019

1. Was sind Privatkliniken ohne Versorgungsvertrag?
Es handelt sich um Kliniken, die weder in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (§ 108 SGB V), noch einen Versorgungsvertrag mit den Gesetzlichen Krankenkassen abgeschlossen haben (§ 109 SGB V). Diese Kliniken behandeln gesetzlich versicherte Patienten, bei denen die gesetzliche Krankenkasse die Kosten erstattet (§ 13 SGB V), privat versicherte Patienten und Beihilfeberechtigte sowie Selbstzahler. Häufig sind Privatkliniken kleiner als Plankrankenhäuser.

2. Wie ist die Besteuerung dieser Kliniken auf Grundlage des Jahressteuergesetzes 2019 geregelt?
Die Steuerbefreiung von Kliniken und weiteren Gesundheitseinrichtungen ist in § 4 Nr. 14b des Umsatzsteuergesetzes geregelt und erfasst Privatkliniken ohne Zulassung nach § 108 SGB V derzeit nur eingeschränkt. An dieser Stelle entspricht das deutsche Umsatzsteuergesetz nicht den Vorgaben der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Das hatte der Bundesfinanzhof bereits in mehreren Urteilen 2014, 2015 und 2019 festgestellt. Mit dem Jahressteuergesetz 2019 wurde die vom Bundesfinanzministerium erlassene Auslegungshilfe aus dem Jahr 2016 gesetzlich festgeschrieben. Hiernach ist eine Privatklinik dann von der Umsatzsteuer befreit ist, wenn mindestens 40 Prozent ihrer Leistungen von öffentlichen Sozialträgern finanziert wurden oder mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen sind, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde.

3. Sind die Regelungen im Jahressteuergesetz 2019 ausreichend?
Mit der Verankerung der Auslegungshilfe in das Jahressteuergesetz 2019 greift der Gesetzgeber auf die rechtliche Situation von vor 2009 zurück, die er bewusst abgeschafft hatte, um Bürokratie abzubauen. Die vielen mit der Regelung verbundenen Nachteile für Privatklinken und Finanzämter wie z. B. große Heterogenität in der Handhabung auf Orts- und Landesebene und enormer Prüf- und Bürokratieaufwand wurden nunmehr gesetzlich manifestiert.

Die Regelung ist nicht geeignet, die unionsrechtlichen Vorgaben umzusetzen. Die Anpassung des Steuerrechts weg von der 40-Prozent-Regelung wurde 2009 beschlossen, um das deutsche Umsatzsteuerrecht dem europäischen Recht anzugleichen. Jetzt auf den Stand vor dieser Anpassung zurückzufallen, entspricht den europäischen Vorgaben ebenfalls nicht. Zudem wurde eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gesetzlich manifestiert, da eine gleiche Gruppe von Normadressaten (Krankenhäuser ohne Zulassung nach § 108 SGB V) anders behandelt werden wird als eine andere Gruppe von Normadressaten (zugelassene Krankenhäuser nach § 108 SGB V), obwohl zwischen diesen beiden Gruppen keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Denn beide Einrichtungen erbringen notwendige Krankenbehandlungen gemäß § 27 Absatz 1 SGB V. Auch ist der Bezug auf die Höhe der Pflegesätze von Plankrankenhäusern zur Überprüfung der sozialen Vergleichbarkeit nicht sachgerecht, da die Finanzierung von Privatkliniken und Plankrankenhäusern unterschiedlich erfolgt (siehe Frage Nr. 6).

4. Welche Lösung wäre besser geeignet?
Um das deutsche Umsatzsteuerrecht mit der europäischen Richtlinie in Einklang zu bringen und für Kliniken und Finanzämter Planungssicherheit zu schaffen, sollten Privatkliniken analog zu Plankrankenhäusern und in Einklang mit der MwStSystRL sowie der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs von der Umsatzsteuer befreit werden. Dies muss gelten, wenn es sich um eine medizinisch notwendige Krankenhausbehandlung (vgl. §27 SGB V) handelt, die Klinik eine behördliche Genehmigung nach § 30 GewO besitzt und die Krankenhauskriterien des § 107 Absatz 1 SGB V sowie die weiteren Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 108 SGB V (Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit) erfüllt sind.

5. Ist das Leistungsangebot privater Krankenhäuser mit einer Konzession nach § 30 GewO mit dem Leistungsangebot von Krankenhäusern, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 SGB V zugelassen sind vergleichbar?
Ja. Vorwiegend handelt es sich um hochspezialisierte Fachkliniken in den Bereichen der Psychosomatik, Suchtbehandlung, Neurologie und Orthopädie. Diese erbringen die gleichen Leistungen wie zugelassene Krankenhäuser, denn sie führen medizinisch notwendige Krankenhausbehandlungen unter den gleichen ärztlich-therapeutischen Methoden durch. Die Leistungen unterscheiden sich nicht von denen in anderen Krankenhäusern.

6. Warum rechnen private Krankenhäuser ihre Leistungen anders ab als öffentlich-rechtliche oder nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser?
Private Kliniken erhalten keine Investitionszuschüsse und haben nicht die Möglichkeit, Leistungen direkt mit den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen. Sie finanzieren ihre Betriebs- und Investitionskosten rein monistisch aus den Pflegesätzen. Folglich müssen diese höher sein als dies bei Plankrankenhäusern zur bloßen Betriebskostenfinanzierung erforderlich ist.

7. Wie viele Kliniken betrifft die umsatzsteuerrechtliche Problematik existentiell?
In Deutschland gab es im Jahr 2017 149 Kliniken nach § 30 GewO, die nicht in einen Landeskrankenhausplan aufgenommen waren oder einen Versorgungsvertrag nach §§ 108, 109 SGB V abgeschlossen hatten. Insgesamt verfügten diese über 3.229 Betten.

8. Welche Folgen hätte es für die Gesundheitsversorgung in Deutschland, wenn es diese Kliniken nicht mehr geben würde?
Diese Kliniken ermöglichen betroffenen Patienten oft eine frühzeitigere Behandlung als dies in zugelassenen Kliniken möglich wäre. Zudem verfügen sie häufig über ein spezialisiertes Versorgungsangebot. Ein Rückgang bzw. Fehlen dieser Kliniken würden die Versorgung der betroffenen Patienten erheblich verschlechtern.