Thomas Lemke zur Krankenhausreform

BDPK-Vizepräsident Thomas Lemke, Vorstandsvorsitzender Sana Kliniken AG

Die vorgesehene Einführung der Vorhaltefinanzierung wird die Krankenhäuser nicht von ihren finanziellen Sorgen befreien, wie es in der öffentlichen Diskussion häufig suggeriert wird. Statt des dringend benötigten Ausgleichs für Kostensteigerungen aus Inflation und Energie ist ein kompliziertes System der Umverteilung geplant, von dem große Häuser mit einer Vielzahl an Fachabteilungen und Leistungsgruppen überproportional profitieren. Kleine Häuser haben es dann noch schwerer. Folge davon wird sein, dass kleinere Krankenhäuser schließen oder Kapazitäten abbauen müssen, während große Versorger in Ballungsräumen erhalten bleiben. Es wird also regionale Versorgungslücken geben und für die Patienten längere Fahrt- und Wartezeiten.

Die Krankenhäuser werden auch nicht aus dem Mengendruck entlassen, denn 40 Prozent der Kosten müssen weiterhin fallabhängig refinanziert werden und das System der Vorhaltefinanzierung bleibt an die Fallpauschalen angebunden – nur der Preis pro Einheit sinkt. Hinzu kommt, dass viele Details des neuen Finanzierungselements ungeklärt sind. Krankenhäuser haben so keine dringend benötigte Planungssicherheit. Stattdessen droht ein kompliziertes Nebeneinander aus Pflegebudget, Vorhaltefinanzierung und Residual-DRG, durch das neue Streitfelder, MD-Prüfansätze und Aufwände durch Bürokratie und Nachweise vorprogrammiert sind. Wirkungsvoller und zielgerichteter wäre, wenn die Vorhaltefinanzierung an diejenigen Krankenhäuser und Versorgungsbereiche geht, die zur Sicherstellung der Versorgung erforderlich sind, aber nicht ausreichend Fälle haben. Das könnten zum Beispiel ländliche Krankenhäuser oder bestimmte Leistungsgruppen eines Krankenhauses sein, wie die Notfallambulanz, die Geburtshilfe oder die Intensivstation.

Aufgabe der Politik ist es, mit der Reform eine auskömmliche Klinikfinanzierung hinzubekommen, die stabile und planbare Arbeitsbedingungen ermöglicht, die anstehende Transformation begleitet und auch auf Sondersituationen wie Preissteigerungen reagiert, wie wir sie jetzt erleben. Das DRG-System ist nicht perfekt, aber besser als sein Ruf und es hilft nicht, wenn ein System so verschlimmbessert wird, dass es unüberschaubar wird und in der Umsetzung nicht mehr bewältigt werden kann. Die Einführung des Pflegebudgets ist dafür ein Musterbeispiel.

Dass eine leistungsfähige wohnortnahe medizinische Versorgung gewährleistet bleibt, hat auch gesellschaftspolitische Relevanz. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wies kürzlich darauf hin, dass das in der Bevölkerung verbreitete Akzeptanzproblem für die Politik zunimmt, wenn der Stadt- Land-Unterschied in der Lebensqualität größer wird. Die Macher der Krankenhausreform stehen auch hier in der Verantwortung.