Kolumne Thomas Bublitz

Kopfsprung in unbekanntes Gewässer

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die breite Öffentlichkeit glauben machen, dass mit seiner Reform die Krankenhäuser bezahlbar werden, sich ihre Qualität verbessert und dass es obendrein endlich einen brauchbaren „Patientenwegweiser“ mit Krankenhausleveln geben wird. Doch es ist mehr als zweifelhaft, ob er die Versprechen in der Realität einlösen kann, denn es gibt zu viele eindeutige Anzeichen dafür, dass der Schaden der Reform am Ende größer sein wird als ihr Nutzen.

Die bislang bekannten Reforminhalte werden eigentlich gar nicht diskutiert. Nach der Einigung auf ein Eckpunktepapier zwischen Bund und Ländern arbeitet nun eine Redaktionsgruppe im Bundesgesundheitsministerium hinter verschlossenen Türen an einem Gesetzentwurf. Obwohl man sich darauf verständigt hatte, auf die Krankenhauslevel zu verzichten, legt der Minister dazu trotzdem mit dem Krankenhaustransparenzgesetz einen Gesetzentwurf vor. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Einigung auf Eckpunkte hin oder her, Lauterbach macht, was er für richtig hält. Dabei steht fest: Klinikgröße und Level-3-Zuordnung werden kein Qualitätsmerkmal sein.

Leider spielt in der Debatte auch keine Rolle, wie die Versorgungsbedürfnisse unserer Bevölkerung in der Zukunft aussehen werden. Die Generation der Babyboomer altert und dürfte zukünftig mehr medizinische Versorgung brauchen. Gleichzeitig gehen viele Fachkräfte vom Arbeitsmarkt. Mit starren auf Jahrzehnte zementierten Angebotsstrukturen wird die Reform ein Kopfsprung in unbekanntes Gewässer. Eine Krankenhausreform nach dänischem Vorbild ist übrigens gar nicht so erstrebenswert. Dort nämlich wird die Kritik an den Krankenhäusern wegen fehlender Patientenorientierung laut. Ist ja auch kein Wunder, denn die Patient:innen haben kaum noch die Wahl, wo sie sich behandeln lassen. Deshalb sollte auch bei uns endlich diskutiert werden, statt mit aller Entschlossenheit und gegen alle Widerstände die eigene Reformidee durchzudrücken.

Die Frage muss lauten, welche Versorgungsbedarfe wir zukünftig sicherstellen wollen. Dies ist wichtiger als die Zahl und die Größe der Krankenhäuser, die nach der Reform übrig bleiben sollen. Auch der Wettbewerb sollte nicht verteufelt werden. Er sorgt dafür, dass sich die Krankenhäuser um eine gute Behandlung der Patienten bemühen. Genau deshalb gehen wir mit einer breitenwirksamen Kampagne „Krankenhausretten.de“ in die Öffentlichkeit und hoffen, dass wir die Politik und vor allem die Patient:innen vor einem schmerzhaften Aufprall bewahren können.