Kolumne Thomas Bublitz

Vor- oder Weghaltepauschale

Die geplante Einführung der Vorhaltepauschale ist ein zentraler Baustein der Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Aber ähnlich wie beim Krankenhaustransparenzgesetz könnte auch dieses Projekt die beabsichtigten Ziele verfehlen. Statt die Existenz von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern zu sichern, funktioniert die Vorhaltepauschale in der vorgesehenen Form vielmehr wie eine Weghaltepauschale – und sie würde die Versorgung verschlechtern.

Eine detaillierte Beschreibung der Auswirkungen, die die im Arbeitsentwurf des BMG konstruierte Vorhaltefinanzierung hätte, liefert die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft beauftragte und Mitte Januar vorgestellte Analyse der Vebeto GmbH. Zusammengefasst bliebe die Erlössituation einer Klinik unverändert, wenn sich die Zahl ihrer Patienten nicht verändert. Wenn die Zahl der Patienten sinkt, profitiert die Klinik anteilig von einer Vorhaltefinanzierung für Leistungen, die sie gar nicht erbracht hat. Steigt die Fallzahl, erhält die Klinik weiterhin die auf einer niedrigeren Fallzahl festgelegten Beträge für die Vorhaltung – unabhängig von der steigenden Zahl der Patienten. Neben der zu niedrigen Vorhaltepauschale werden nämlich für die Leistungen nur noch die gekürzten Residual-DRG gezahlt. Aus ökonomischer Sicht wird so der Anreiz für das einzelne Krankenhaus geschaffen, innerhalb eines Korridors möglichst weniger Patienten als vorgesehen zu behandeln. Ein fragwürdiges Szenario, wenn man sich vorstellt, dass das Ziel der Krankenhausreform die Schließung beziehungsweise Umwandlung vieler kleiner Kliniken sein soll. Dann nämlich müssten die Patienten in den verbleibenden größeren Kliniken versorgt werden, woran diese aus oben genannten Gründen nur geringes Interesse haben dürften. Die Folgen wären sehr wahrscheinlich Wartezeiten für die Patienten und eine deutlich verschlechterte Versorgungslage der Bevölkerung in ländlichen Regionen.

Eine gewisse Skepsis gegenüber den geplanten Vorhaltepauschalen macht sich nun auch bei den kommunalen Großkrankenhäusern und den Universitätskliniken breit. Es wäre auch an dieser Stelle klug gewesen, mit den Krankenhauspraktikern über das Instrument der Vorhaltefinanzierung zu diskutieren. Vielleicht hätte dann eine echte Absicherung von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern und Krankenhausabteilungen entstehen können. Eine, die nicht auf Fallzahlen, sondern auf den Kosten der Vorhaltung basiert. So wird die angekündigte Revolution immer unwahrscheinlicher.