Reha-Statistik

Weiterhin angespannte Lage

Eine Analyse der Ende 2023 veröffentlichten Antrags- und Ausgabenstatistik für die medizinische Rehabilitation zeigt: Trotz gestiegener Inanspruchnahme wurde das „Vor-Corona-Niveau“ längst nicht wieder erreicht.

Die Reha-Statistik der Krankenkassen verzeichnete für das Jahr 2022 rund 670.000 Fälle mit reinen medizinischen Reha-Leistungen, was gegenüber 2021 eine Steigerung von neun Prozent bedeutet. Die höchsten Steigerungen gab es in der Orthopädie (16 Prozent) und bei psychischen Erkrankungen (13 Prozent). Eine wirkliche Zunahme von Leistungsfällen sind diese Zahlen jedoch nicht, da es rund 12 Prozent weniger Fälle waren als im Vor-Corona-Jahr 2019. Das gilt auch für die Zahl der Anträge auf eine stationäre Reha, sie stieg 2022 gegenüber dem Vorjahr zwar um 10 Prozent auf 832.576, lag aber noch deutlich unter der Zahl von 940.898 Anträgen im Jahr 2019. Besonders stark ist der Antragsrückgang von 2019 zu 2022 in der ambulanten Reha (minus 41 Prozent), bei der stationären Vorsorge (minus 27,4 Prozent) sowie bei der Mutter-Vater-Kind-Reha (minus 32 Prozent). Nach wie vor gibt es je nach Art der Reha große Unterschiede bei den Ablehnungsquoten. Bei der Anschluss-Reha (nach einem Krankenhausaufenthalt) wurden jeweils fünf Prozent der Anträge auf stationäre und ambulante Maßnahmen abgelehnt. Dagegen betrug die Ablehnungsquote bei den sogenannten Heilverfahren (aus der vertragsärztlichen Versorgung) im stationären Bereich 28 Prozent und im ambulanten Bereich 17 Prozent. Nach wie vor lohnt es sich, gegen die Ablehnung Widerspruch einzulegen. Das taten 19 Prozent der Antragsteller und nahezu zwei Drittel waren erfolgreich. Die Zahlen zeigen, dass die Reha ohne einen Krankenhausaufenthalt von den Krankenkassen durch den Genehmigungsvorbehalt weiterhin erschwert statt forciert wird. Da es das Ziel der medizinischen Reha ist, Behinderungen und Chronifizierungen zu verhindern beziehungsweise ihre Folgen zu mildern, sollte sie vor einer erforderlich werdenden Krankenhausbehandlung erfolgen.

Dass die Antrags- und Bewilligungszahlen gestiegen sind und auch die Ausgaben gegenüber 2021 um etwa neun Prozent zugelegt haben, ist zwar positiv zu bewerten, aber dennoch kein Grund zur Entwarnung: In den beiden Vorjahren waren die Zahlen coronabedingt auf ein Rekordtief gesunken, nach wie vor er- halten viele Patientinnen und Patienten nicht die für sie dringend notwendigen Reha- und Vorsorgebehandlungen. Laut WHO- Bericht steigt der Bedarf weiter und fast 40 Millionen Menschen hatten im Jahr 2019 mindestens eine Erkrankung, bei der sie von einer Reha profitieren würden. Dennoch beträgt der Reha-/Vor- sorgeanteil an den Gesamtausgaben der Krankenkassen gerade mal ein Prozent und ist damit heute genauso niedrig wie zur Jahrtausendwende. Genauso unverständlich ist, dass der gesetzliche Grundsatz „Reha vor Pflege“ weiterhin nicht von den Krankenkassen umgesetzt wird. Bei fast fünf Millionen Leistungsbeziehern der sozialen Pflegeversicherung gibt es nur 670.000 durchgeführte Reha-Leistungen – diese Lücke ist in den vergangenen Jahrzehnten sogar immer größer geworden!

Ähnliches Bild in der Rentenversicherung

Auch die Reha-Statistiken der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zeigen im Reha-Bericht 2023 für 2022 eine Steigerung der Anträge und der durchgeführten Leistungen gegenüber 2021. Es wurden 922.820 medizinische Reha-Maßnahmen durchgeführt, was einem Plus von 3,6 Prozent entspricht. Gegenüber dem Vergleichsjahr 2019 war es aber ein Minus von 12,4 Prozent. Orthopädische und rheumatische Erkrankungen waren dabei die häufigsten Reha-Indikationen, auf sie entfielen stationär mehr als ein Drittel der Reha-Leistungen. Insgesamt wurden rund 1,5 Millionen Reha-Anträge gestellt, das waren zwar 7,3 Prozent mehr als 2021, aber fast zehn Prozent weniger als 2019. Wie in der Krankenversicherung wurde also auch in der DRV bei der Reha noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht. Die DRV- Ausgaben für Leistungen für Rehabilitation lagen 2022 bei etwa 6,96 Milliarden Euro, darin enthalten sind allerdings 69 Millionen Euro, die pandemiebedingt durch das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) als Zuschüsse an rund 300 medizinische Rehabilitationseinrichtungen und Anbieter von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gezahlt wurden, mit denen die Rentenversicherung in einem Vertragsverhältnis steht. Wie schon zuvor in den Jahren 2020 und 2021 wird die Statistik durch diese SodEG-Vorschusszahlungen verfälscht, da diese den stationären medizinischen Leistungen für Erwachsene zugerechnet werden, obwohl sie auch an ambulante Reha-Einrichtungen, Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sowie berufliche Reha-Einrichtungen gezahlt wurden.

Die Einrichtungen leiden weiter

Den Zuwächsen bei den Fallzahlen und den Ausgaben für Reha und Vorsorge steht gegenüber, dass die Einrichtungen vor allem im Jahr 2020 hohe Verluste hatten und ihre Mehrausgaben durch Inflation und Personalkostensteigerungen nicht ausgeglichen wurden. Allein die inflationsbedingte Steigerung von 2019 zu 2022 machte 10,5 Prozent aus. In der gleichen Zeit stiegen die Reha- Ausgaben der Krankenkassen um sechs Prozent und die der DRV um fünf Prozent. Die Grundlohnsummensteigerung, die bei den Vergütungsverhandlungen zugrunde gelegt wird, betrug 8,5 Prozent. Allein an diesen Zahlen wird deutlich, dass die Reha- und Vorsorgeeinrichtungen erheblich unterfinanziert sind. Die leichten Steigerungen von 2021 zu 2022 können dies nicht ausgleichen.