Krankenhausreform

Im Ganzen betrachtet

Die Entwicklung der Krankenhausreform befindet sich in einer entscheidenden Phase. Um den Reformprozess konstruktiv voranzubringen, hat der BDPK Mitte Februar 2024 seine Analysen und Vorschläge zu den Reformplänen in einem „Impulspapier“ zusammengefasst.

Das Papier wurde den Gesundheitspolitiker:innen in Bund und Ländern zur Verfügung gestellt und auf der BDPK-Homepage (www.bdpk.de) veröffentlicht. Es beinhaltet in zwei einleitenden Abschnitten eine aktuelle Situationsbeschreibung der Krankenhäuser und eine Übersicht der Reformkomponenten, die aus Sicht des BDPK zur Lösung der bestehenden und zukünftigen Probleme erforderlich sind. Die Beschreibung und die Rahmenempfehlungen bilden die Grundlage für detaillierte Analysen und konkrete Vorschläge zu den wesentlichen bisher bekannten Reformvorstellungen der Politik. Diese finden sich im Ende des Jahres 2023 vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Arbeitsentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) sowie im vom Bundestag verabschiedeten Krankenhaustransparenzgesetz, das von den Ländern abgelehnt wurde.

Dringender Handlungsbedarf

In seiner Situationsbeschreibung legt der BDPK dar, dass eine Krankenhausreform dringend erforderlich ist. Sie muss Verbesserungen für die Patientenversorgung und die Krankenhäuser bringen, die sich derzeit in einer akuten wirtschaftlichen Notlage befinden. Auch die Arbeitssituation des Personals, die von unbeherrschbarer und zermürbender Bürokratie geprägt ist, muss verbessert werden. Fast jedes Krankenhaus steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und es ist unsicher, welche Häuser dies überhaupt überleben werden. Eine Krankenhausreform, die die wirtschaftliche Notlage der bestehenden Krankenhäuser außer Acht lässt, wird dazu führen, dass auch solche Krankenhäuser, die für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung dringend gebraucht werden, insolvent werden und vom Markt verschwinden. Ursache der heutigen Probleme ist aber nicht allein die aktuelle Gesundheitspolitik, sondern eine Vielzahl von Eingriffen in die Refinanzierungssystematik des DRG-Systems durch die Bundesregierungen der vergangenen 20 Jahre. Diese Eingriffe haben dazu geführt, dass die heutige Kombination aus Preissteigerungen und Fallzahlrückgängen nicht mehr ausgeglichen wird und nun fast alle Krankenhäuser in ihrer Existenz bedroht sind.

Unabhängig von einer grundlegenden Reform ist es deshalb dringend erforderlich, die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser sofort zu stabilisieren. Das könnte die Bundesregierung mit drei zielgerichteten und leicht umzusetzenden Maßnahmen: die Wiedereinführung der Möglichkeit, den Landesbasisfallwert bei sinkenden Fallzahlen anzupassen, die Aufhebung der Kappung des Veränderungswertes und die Streichung der Kappungsgrenze (aktuell 50 Prozent) bei Refinanzierung der Tarifsteigerungen. Jede dieser Maßnahmen würde von den Krankenkassen finanziert und es gäbe somit auch keine Auswirkung auf den Bundeshaushalt.

Neben diesen Sofortmaßnahmen sollten sich die Reformverantwortlichen nach Ansicht des BDPK in den kommenden Verhandlungen darauf einigen, dass die zentralen Reformziele erreicht werden und die gefundenen Regulierungsmechanismen auch wirklich dazu führen, dass eine gute Patientenversorgung gewährleistet ist. Nur die Überversorgung abzubauen, ist zu wenig, und die bisher vorgesehenen Instrumente sind nicht geeignet, um Unterversorgung zu vermeiden oder zu beseitigen. Zudem fordert der BDPK einen Blick aufs Ganze: Eine Reform, die allein auf den Krankenhaussektor beschränkt ist, greift zu kurz und bringt keine Versorgungssicherheit. Um stabile Rahmenbedingungen für eine gute Versorgung zu schaffen, müssen alle Anbieter medizinischer Leistungen einbezogen werden. Dazu gehört auch, dass die Leistungsanbieter, wie die Krankenhäuser und ihre Verbände, am Reformprozess beteiligt werden. Dies ist bisher in keiner Form geschehen.

Impulse für eine Krankenhausreform

Um eine leistungsfähige Gesundheitsversorgung heute und morgen sicherzustellen, müssen mit neuen Rahmenbedingun- gen die richtigen Strukturen geschaffen werden. In seinem Impulspapier hat der BDPK sieben wesentliche Elemente für diese Rahmenbedingungen herausgestellt.

► Praktikable Ausgestaltung der ambulanten Leistungserbringung in Krankenhäusern:
Die politisch gewollte und sinnvolle Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen wird mit der gegenwärtigen Form der Vergütungsregelungen (Hybrid-DRG und AOP-Katalog) gehemmt. Weil die Vergütung für ambulante Leistungen erheblich niedriger ist als die für die gleiche stationäre Leistung, können die Krankenhäuser die notwendigen Investitionen nicht aufbringen, die für Personalanpassungen sowie für die Umgestaltung von Strukturen, Ausstattung und Prozessen erforderlich sind. Der niedergelassene Bereich wird allein nicht in der Lage sein, den erwarteten Anstieg ambulanter Behandlungen zu erbringen. Um die „Ambulantisierung“ der Krankenhäuser zu fördern, schlägt der BDPK temporäre Anreize vor: Neben dem Verzicht auf die primäre und sekundäre Fehlbelegungprüfung sollten für einen Übergangsseitraum von drei Jahren alle Krankenhausfälle mit bis zu drei Belegungstagen auch ambulant erbracht werden können, wobei die bisherige Vergütung unverändert bleibt. Während des Übergangszeitraums werden die Maßnahmen wissenschaftlich begleitet, um die Auswirkungen auf die Qualität der erbrachten Leistungen und die Versorgungsabläufe sowie wirtschaftliche Effekte zu evaluieren.

► Entwicklung eines Systems zur regionalen Versorgungsplanung:
Für eine wirksame Reform greift der isolierte Blick auf Krankenhäuser zu kurz. Deshalb sollte – wie im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung vereinbart – eine regionale Versorgungsplanung entwickelt werden. Dazu sollten Bund und Bundesländer gemeinsam ein Planungsinstrument schaffen, das auf die relevanten Versorgungsangebote ausgerichtet ist. Dazu gehören die hausärztliche Versorgung sowie die fachärztliche Versorgung, unabhängig davon, ob die Leistungen in freiberuflicher Niederlassung oder ambulant am Krankenhaus erbracht werden. Ferner müssen die ambulante Notfallversorgung vor einer stationären Krankenhausbehandlung und die stationäre Versorgung nach Versorgungsbereichen/Leistungsgruppen in die Planung einbezogen werden. Berücksichtigt werden müssen auch die Ausgestaltung und Optimierung des Rettungsdienstes unter Berücksichtigung zumutbarer Erreichbarkeit für die Notfallversorgung und die verfügbaren Angebote zur Übergangspflege. Damit die nahtlose Versorgung im Anschluss an die Krankenhausentlassung gesichert ist, muss der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen für medizinische Reha-Leistungen entfallen.

► Entwicklung/Einführung von regionalen Gesundheitsbudgets:
Die Entwicklung, Erprobung und Einführung von regionalen Gesundheitsbudgets müsste mit der im Vorhergehenden beschriebenen regionalen Versorgungsplanung einhergehen. Konkrete Umsetzungsvorschläge hierzu hat der BDPK mehrfach der Politik vorgestellt und auf seiner Homepage veröffentlicht.

► Streichung des Fixkostendegressionsabschlags (FDA):
Der FDA ist spezialisierungsfeindlich und eine Bestrafung für Kliniken, die eine politisch gewollte und medizinisch sinnvolle Versorgung umsetzen.

► Radikale Entbürokratisierung:
Streichung aller Kontrollvorschriften in den relevanten Gesetzen als temporäre Maßnahme, die wissenschaftlich und repräsentativ evaluiert wird. Danach wird entschieden, welche Vorschriften wie wieder eingesetzt werden müssen.

► Deutliche Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze:
In jedem Bundesland wird die Zahl der Medizinstudienplätze zunächst um 20 Prozent erhöht, in einem zweiten Schritt dann um 30 Prozent oder mehr. Die Finanzierung erfolgt zentral aus Bundesmitteln. Eventuell sind auch pauschale Ausgleichszahlungen durch die Bundesländer denkbar, wenn Mediziner in einem anderen Bundesland tätig werden als das, in dem sie ausgebildet wurden.

► Dringend gebraucht: Neuer ordnungspolitischer Rahmen für Krankenhäuser:
Bei absehbar knapper werdenden finanziellen Mitteln ist es für unser Gesundheitssystem notwendig, wieder eine Krankenhauspolitik zu machen, die Anreize setzt, sich wirtschaftlich zu verhalten und die Versorgungsqualität für die Patienten zu verbessern. Hierzu wird der BDPK im Sommer 2024 Vorschläge unterbreiten.

Analysen, Bewertungen und Vorschläge

Detailliert und ausführlich werden im Impulspapier des BDPK die wesentlichen Elemente der bisher bekannten Reformvorstellungen analysiert und bewertet. Zudem macht der BDPK zu jedem Reformpunkt konkrete Umsetzungs- und Verbesserungsvorschläge.

Zum Krankenhaustransparenzgesetz schlägt der BDPK vor, statt des vorgesehenen neuen Portals, das zusätzlichen Arbeitsaufwand und Kosten verursacht, die bereits vorhande- nen Portale und Transparenzinitiativen zusammenzufassen und auf einer Plattform darzustellen.

Bei den Leistungsgruppen kritisiert der BDPK die aus der Krankenhausplanung in NRW übernommene Systematik und empfiehlt, bei den Qualitätsanforderungen bürokratiearmen Kriterien (wie Mindestmengen und Ergebnisqualitätsindikatoren) den Vorrang zu geben. Ähnliches gilt auch für die Einstufung und Beschreibung von Fachkrankenhäusern, für die die Leistungsgruppensystematik in der zuletzt diskutierten Form nicht umsetzbar ist.

Bei der sektorübergreifenden Versorgung in Level-1i-Einrichtungen ist aus Sicht des BDPK die vorgesehene Finanzierung völlig unzureichend. Die Vorhaltefinanzierung bewertet der BDPK aus ordnungspolitischer Sicht als fragwürdig, da der Bund durch die Verknüpfung der auf Bundesebene vorgegebenen Mindestanforderungen von Leistungsgruppen und der Vorhaltefinanzierung in die Krankenhausplanung der Länder eingreift.