Krankenhausfinanzierung

Bündnis fordert Fairness

Gestützt auf ein Rechtsgutachten fordern die Krankenhäuser in kirchlicher, freigemeinnütziger und privater Trägerschaft eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung durch die Krankenkassen und die Bundesländer. Subventionen dürfen kein regelhaftes Finanzierungsinstrument werden.

Alle oder keiner! Mit diesem Appell lässt sich das 224 Seiten starke Rechtsgutachten zusammenfassen, das Ende November 2023 im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt wurde. Verfasst hat es die renommierte Verfassungsrechtlerin Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf, die an der Universität Potsdam einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht innehat. Auftraggeber waren der BDPK gemeinsam mit dem Deutschen Evangelischen Krankenhausverband (DEVK), dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und dem Katholischen Krankenhausverband Deutschlands (KKVD). Die von ihnen vertretenen Krankenhäuser betreiben zwei Drittel der deutschen Krankenhäuser, und die Verbände wollten – auch unter dem Aspekt der anstehenden Krankenhausreform – eine juristische Einordnung der Zuschusspraxis vieler Kommunen und Bundesländer für deren eigene Krankenhäuser. Dass hier eine rechtliche Klärung dringend geboten ist, wird daran deutlich, dass das Volumen der allein im Jahr 2023 in Presseberichten öffentlich bekannt gewordenen steuerfinanzierten Defizitausgleiche für Krankenhäuser von Städten und Landkreisen bei mindestens 900 Millionen Euro lag. Kirchliche, freigemeinnützige und private Krankenhäuser erhalten solche Beihilfen nicht. Die Auftraggeber des Gutachtens bemängeln zudem die fehlende Transparenz der Zuschusspraxis. Die Subventionen werden oft unbemerkt von der Öffentlichkeit gewährt und nirgendwo transparent ausgewiesen.

Gleiche Pflichten und gleiches Recht für alle

In ihrem Gutachten kommt Verfassungsrechtlerin Brosius- Gersdorf zu einem klaren und eindeutigen Ergebnis: Die derzeitige Praxis des Defizitausgleichs nur für kommunale Kran- kenhäuser verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Krankenhausfinanzierungsgesetztes, des Grundgesetzes sowie gegen das europäische Beihilferecht. Sie führt dazu aus, dass der Staat die gesetzliche Pflicht hat, für eine auskömmliche und zuverlässige Finanzierung der Betriebs- und Investitionskosten aller Krankenhäuser zu sorgen – unabhängig von ihrer Trägerschaft. Weil Bund, Länder und Sozialleistungsträger dieser Verpflichtung nicht nachkommen, greifen viele Städte und Landkreise in den Steuertopf und gleichen die Defizite der Krankenhäuser in ihrer Trägerschaft aus. Eine gesetzliche Verpflichtung besteht dafür allerdings nicht, die Ausgleichszahlungen erfolgen auf „freiwilligem Beschluss“. Rechtlich zulässig sind solche Zahlungen aber nur dann, wenn sie auch nicht-staatlichen Krankenhäusern gewährt würden. Da sämtliche Plankrankenhäuser Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) erbringen und eine gesetzliche Pflicht zur Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausbehandlung haben, müssen sie nach dem EU-Beihilferecht bei staatlichen Ausgleichsleistungen für die Erfüllung der Versorgungspflicht gleichbehandelt werden.

Das Gutachten kommt zu dem Fazit: Entweder muss ein selektiver Defizitausgleich für staatliche Plankrankenhäuser unterbleiben (beziehungsweise aufgehoben und rückabgewickelt werden) oder alle – die staatlichen, freigemeinnützigen und privaten Plankrankenhäuser – werden gleich gefördert.

Grundlage für weitere (rechtliche) Schritte

Für die Auftraggeber ist das Gutachten eine wichtige Grund- lage zur rechtlichen Beurteilung und für die Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen. Klar ist: Wenn der Gesetzgeber – auch im Zuge der Krankenhausrefom – für eine auskömmliche Finanzierung aller Kliniken sorgen würde, wären keine Defizitausgleiche nötig. Tatsächlich befinden sich derzeit  aber so viele Krankenhäuser wie noch nie in einer dramatischen finanziellen Situation. Verantwortlich dafür sind die nicht ausgeglichenen inflationsbedingten Preissteigerungen und die unzureichende Finanzierung der Investitionskosten. Eine zentrale Forderung der Krankenhäuser in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft lautet daher, dass der Gesetzgeber sofort und mit der Krankenhausreform für eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung der Betriebs- und Investitionsfinanzierung durch die Krankenkassen und die Bundesländer sorgen muss.

Wenn der Gesetzgeber dieser Verpflichtung auch weiterhin nicht nachkommt und bei den Krankenhäusern auch künftig Defizite entstehen, werden die freien Klinikträger überprüfen, wie der Anspruch auf Gleichbehandlung bei Quersubventionierungen durch Länder und Kommunen auf Basis des Rechtsgutachtens vor Ort umgesetzt werden kann und ihn gegebenenfalls auch gerichtlich einfordern. Eine erste Initiative freier Klinikträger gibt es dazu bereits in Berlin und auch in Frankfurt wird überlegt, ob gegen die Subventionspraxis Klage eingereicht werden soll. Einig sind sich die freien Klinikträger auch darin, dass Subventionen generell problematisch sind – egal in welchem Bereich der Wirtschaft. Denn sie nehmen den Anreiz, vernünftige betriebswirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Deshalb dürfen Subventionen kein regelhaftes Finanzierungsinstrument werden!