Neuregelungen PpSG

Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) will der Gesetzgeber die Personalausstattung in Krankenhäusern verbessern und Pflegekräfte entlasten. Das Gesetz ist am 1. Januar 2019 in Kraft getreten.

Als kurzfristige Maßnahme zur Stärkung der Pflege sieht es ab 2019 eine Fortführung des Pflegestellenförderprogramms bei einem Wegfall des bislang bestehenden Eigenfinanzierungsanteils von 10 Prozent vor. Tarifsteigerungen des Pflegedienstes sollen ab 2018 vollständig ausgeglichen werden. Der Fixkostendegressionsabschlag (FDA) wird auch nach 2018 auf 35 Prozent festgesetzt. Die Möglichkeit, auf Ortsebene höhere Abschläge zu vereinbaren, entfällt. Ab 2020 sollen die Pflegekosten aus den Fallpauschalen ausgegliedert und künftig mit einem separaten Pflegebudget finanziert werden. Mit dem Pflegepersonalquotienten ermittelt das InEK erstmals zum 31. Mai 2020 das Verhältnis der Anzahl der Vollzeitkräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und zum Pflegeaufwand. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wird ermächtigt, per Rechtsverordnung Untergrenzen festzulegen.

Neuregelungen PpSG mit Zeitpunkt des Inkrafttretens :

Die Krankenhäuser in privater Trägerschaft begrüßen die Zielsetzung des Gesetzes, Pflegekräfte in Krankenhäusern zu entlasten. Die vorgesehenen Maßnahmen sind jedoch nur bedingt geeignet, dieses Ziel zu erreichen, und enthalten Widersprüche. Das weiterentwickelte Pflegestellenförderprogramm schafft die nötige Motivation und Finanzierungssicherheit für die Krankenhäuser, zusätzliche Pflegekräfte einzustellen. Dies ist seit 2019 möglich und wird direkt auf den Stationen von den Pflegekräften entlastend gespürt. Die Umstellung von der halben auf die volle Tarifausgleichsrate ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie greift allerdings zu kurz, da sie sich nur auf die Refinanzierung der Kosten im Pflegedienst bezieht und Tarifsteigerungen des übrigen nichtärztlichen und ärztlichen Personalbereichs nach wie vor nur hälftig refinanziert werden. Es entsteht eine Ungleichbehandlung der unterschiedlichen Berufsgruppen im Krankenhaus, die künftig den Betriebsfrieden gefährden könnte. Sonderbedingungen für Pflegekräfte sieht beispielsweise der im Februar 2019 geschlossene Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder vor. Pflegekräfte erhalten nicht nur die bessere Entgelttabelle, sondern monatlich zusätzlich 120 Euro. Unabhängig davon kann die neue Tarifrate allenfalls die weitere Öffnung der Tariflohn-Erlös-Schere verlangsamen. Seit Jahren steigen die Löhne stärker als die durch den Veränderungswert zugelassenen Preiszuwächse. Sie bietet keine Lösung für die bestehende Lücke von inzwischen rund 8,9 Milliarden Euro.

Sehr kritisch sehen private Träger die Ausgliederung der Pflegekosten aus den Fallpauschalen ab 2020. Durch die Ausgliederung wird der Anreiz für Krankenhäuser, die sich bisher mit Hilfe von Innovationen und Prozessoptimierungen um die Wirtschaftlichkeit ihrer
Leistungen bemüht haben, verloren gehen. Die Ausgliederung ist im Ergebnis die ordnungspolitisch fragwürdige abgetrennte Wiedereinführung des Selbstkostendeckungssystems für die Pflegepersonalkosten. Sie bedeutet in der Konsequenz den Ausstieg aus dem DRGSystem, ohne dass es dafür eine sinnvolle Alternative gäbe. Aus Sicht des BDPK sprechen folgende Argumente gegen die Neuregelung:

  • Die Rückkehr zur Selbstkostendeckung wird die Bemühungen der Krankenhäuser um sinnvolle und qualifikationsgerechte Arbeitsteilung stoppen. Sie nimmt Krankenhäusern Anreize zur sinnvollen organisatorischen Weiterentwicklung und stoppt Innovationen. Warum sollte ein Krankenhaus in moderne Infrastruktur wie Robotics oder pflegeentlastende IT investieren, wenn es stattdessen subventionierte Pflegefachkräfte einstellen kann?
  • Ab 2020 werden zwei unterschiedliche Entgeltsysteme auf wendig nebeneinander betrieben. Das bedeutet doppelte Bürokratie und neue Nachweispflichten, die die Mitarbeiter belasten. 
  • Weitere Berufsgruppen fordern schon eine separate Finanzierung (derzeit sind es die Ärzte). Die Neuregelung kann das Ende des DRG-Systems bedeuten, ohne dass es sinnvolle Alternativen gibt.
  • Es besteht viel zu wenig Vorbereitungszeit für den massivsten Eingriff seit DRG-Einführung.
  • Pflegepersonaluntergrenzen machen in der neuen Pflegefinanzierung keinen Sinn. Es bestehen keinerlei Anreize an der Pflege zu sparen, Unterbesetzung ergibt sich ausschließlich aus dem Fachkräftemangel.
  • Es entstehen krankenhausindividuelle Preise und hohe Anreize für Krankenkassen zur Leistungssteuerung.
  • Reha und Pflege sind nicht Teil der neuen Finanzierung und werden im Wettbewerb um Fachkräfte nicht mithalten können.
  • Die Fokussierung auf tagesbezogene Pflegekostenerstattung stoppt den medizinisch sinnvollen und politisch gewollten Anreiz zur Verkürzung der Verweildauer. Diese sind schon heute im internationalen Vergleich deutlich länger. In der Folge würden mehr Krankenhausbetten benötigt.
  • Besonders bedenklich ist, dass trotz der vorgesehenen Ausgliederung ein bundeseinheitlicher Pflege-Erlöskatalog als Abrechnungsinstrument entwickelt werden soll. Noch stehen dessen Inhalte nicht fest. Sollte dieser aber einen Leistungsbezug beinhalten, würden unvereinbare Elemente unterschiedlicher Finanzierungssysteme miteinander vermischt.


Innovationswerkstatt Pflege
Ideen zur Entlastung der Pflege finden nie den Weg in die Praxis, weil sie von Einzelhäusern nicht rechtssicher erprobt und finanziert werden können. Die Innovationswerkstatt könnte Konzepte für pflegeentlastende und pflegesubstituierende Maßnahmen praxistauglich ausarbeiten und ausgereifte Lösungen für alle Krankenhäuser zur Verfügung stellen. Dabei können Ideen aus der praktischen Arbeit der Kliniken einfließen. Denkbar sind Workshops, Ausschreibungen und Umfragen. Pflegeentlastende und substituierende Maßnahmen werden zur Serienreife gebracht und als Blaupause für die Krankenhäuser angeboten. In die Innovationswerkstatt werden durch das Bundesgesundheitsministerium interdisziplinäre Experten aus Krankenhäusern (Pflege, Medizin, Geschäftsführung), der Organisationsentwicklung, IT und Pflegewissenschaft berufen. Denkbar sind pflegeentlastende und pflegesubstituierende Maßnahmen in folgenden Feldern: